- Kapitalertragsteuer: Zinsbesteuerung
- Kapitalertragsteuer: ZinsbesteuerungEinkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen in Deutschland der Einkommensteuerpflicht. Die Kapitalertragsteuer stellt daher lediglich eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer dar. Sie wird unmittelbar in dem Zeitpunkt erhoben, in dem die Kapitalerträge zufließen, und ist von der Bank, welche die Auszahlung vornimmt, ans Finanzamt abzuführen (Quellenbesteuerung). Die Höhe der Kapitalertragsteuer beträgt (Stand 1999) 25 % bei Gewinnanteilen (z. B. Dividenden bei Aktien) sowie 30 % bei Zinseinnahmen aus festverzinslichen Wertpapieren und einfachen Geldforderungen wie Termin- und Spareinlagen (Zinsabschlag).Sparerfreibetrag und FreistellungserklärungIm Rahmen des Sparerfreibetrags sind Kapitaleinkünfte bis zu einer Obergrenze steuerfrei. Zum 1.Januar 2000 wird diese Obergrenze von 6000 auf 3000 DM (bei Verheirateten von 12000 auf 6000 DM) halbiert. Durch eine Freistellungserklärung gegenüber seiner Bank kann der Sparer Kapitaleinkünfte bis zur Höhe des Sparerfreibetrags von der Quellenbesteuerung befreien lassen. Die Kapitalertragsteuer hat den Charakter einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld. Der Steuerpflichtige hat Zinsen und Dividenden, sofern sie den Sparerfreibetrag überschreiten, auch in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Liegt sein individueller Steuersatz über der Höhe der Kapitalertragsteuer, dann wird er durch eine Nachzahlung zusätzlich belastet, liegt sein individueller Steuersatz niedriger, dann erhält er eine Erstattung.Ökonomische WirkungDie Besteuerung von Zinsen verzerrt die Entscheidungen über Ersparnis und Investitionen. Der Sparer, der auf Konsum in der Gegenwart verzichtet, erhält nicht den vollen Zins, den der Schuldner zahlt. Damit wird ein Keil zwischen die Rendite von Investitionen und den Netto-Zinsertrag des Sparers getrieben. Trotz dieses nachteiligen Effekts wird die Steuerpflicht v. a. mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip begründet. Ein Haushalt mit hohen Kapitaleinkünften habe eine höhere steuerliche Leistungsfähigkeit und sei daher zur Finanzierung der staatlichen Aktivitäten stärker heranzuziehen. Es ist allerdings fraglich, ob die Zinsbesteuerung in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung wirklich die Leistungsfähigkeit angemessen bewertet. So wird der nominale Zins in voller Höhe besteuert ohne Rücksicht auf die Inflationsrate (Scheinzinsbesteuerung). Dies hat in inflationären Zeiten zur Folge, dass Steuern und Inflation den realen Zinsertrag völlig aufzehren können.Massive SteuerhinterziehungDie Freiheit des Kapitalverkehrs und die von vielen als ungerecht empfundene Höhe der Zinsbesteuerung führt international zu einer massiven Steuerhinterziehung bei Kapitaleinkünften. Rechtlich gilt in Deutschland wie in vielen anderen Ländern zwar das Wohnsitzlandprinzip. Danach versteuert der Anleger seine Zinsen und Dividenden in seinem Wohnsitzland - egal, wo in der Welt diese Einkünfte angefallen sind.In der Realität ist dieses Prinzip aber kaum durchsetzbar. Deklariert der Steuerpflichtige seine ausländischen Zinseinkünfte nicht, dann zahlt er dafür auch keine Einkommensteuer in seinem Heimatland. Damit wird das Wohnsitzlandprinzip unterlaufen und es wird für den steuerunehrlichen Anleger attraktiv, sein Kapital in Länder mit völliger Steuerfreiheit von Kapitalerträgen zu verlagern. Tatsächlich ist es in den vergangenen Jahren zu einer erheblichen Verlagerung von Kapital in Steueroasen wie etwa Luxemburg gekommen.ReformüberlegungenDer Status quo der Zinsbesteuerung wirft schwerwiegende rechtsstaatliche Probleme auf, weil geltendes Steuerrecht massiv missachtet wird. In der Steuerreformdiskussion wird im Zusammenhang mit der Einführung eines konsumorientierten Steuersystems die vollständige Steuerfreiheit der Zinserträge empfohlen. Weniger weitgehend ist das österreichische Modell. Dabei wird die Quellensteuer auf Zinserträge als Abgeltungsteuer ausgestaltet. Das bedeutet, dass Zinserträge nur bis zur Höhe der Quellensteuer steuerpflichtig sind und ein möglicherweise höherer Einkommensteuersatz nicht mehr zur Anwendung kommt.Auf der Ebene der EU und der OECD werden seit Jahren Initiativen verfolgt, die Besteuerung von Kapitaleinkommen international zu koordinieren, um der Steuerhinterziehung und dem von manchen als unfair bewerteten Wettbewerb um Finanzkapital entgegenzuwirken. In der EU wird dabei ein Koexistenzmodell diskutiert. Würden sich die Mitgliedstaaten darauf einigen (in Steuerfragen ist Einstimmigkeit notwendig), dann müsste jeder EU-Staat entweder eine Quellensteuer in Höhe von mindestens 20 % erheben oder den anderen Mitgliedstaaten Mitteilung über Zinseinkünfte machen, die Bürger aus den anderen EU-Staaten zugeflossen sind. Allerdings stellt sich die Frage, ob eine auf die EU beschränkte Koordination nicht lediglich dazu führen würde, dass Kapital dann verstärkt in außereuropäische Steueroasen abfließen würde.
Universal-Lexikon. 2012.